Die parenterale Ernährung (PE) von Kindern mit Kurzdarmsyndrom und chronischem Darmversagen (KDS-DV) muss nicht nur lebenserhaltend sein, sondern auch die körperliche und geistige Entwicklung ermöglichen. Eine Studie, die Größen- und Gewichtszunahme bei Kindern mit KDS-DV und PE während ihres ersten Lebensjahres untersuchte, stellte jedoch ein charakteristisches Muster an Entwicklungsverzögerungen fest.
Mit einer geschätzten Inzidenz von 0,02 – 1,2 % bei Lebendgeburten ist KDS-DV bei Kindern eine seltene Erkrankung, die jedoch eine ernste Gefahr für Leben und Entwicklung mit sich bringt.1,2,3 Die häufigsten zugrundeliegenden Ursachen sind die nekrotisierende Enterokolitis (NEK), angeborene Fehlbildungen wie Gastroschisis, Dünndarmatresie und Volvulus sowie Morbus Hirschsprung.4,5 Diese kongenitalen oder neonatalen Erkrankungen können ausgedehnte Darmresektionen sowie die Aufnahme einer parentalen Ernährung (PE) bereits kurz nach der Geburt notwendig machen.6
Die Anforderungen an die PE als lebenserhaltende Maßnahme sind bei Kindern besonders hoch: Sie soll sowohl das Längenwachstum und die Zunahme an fettfreier Körpermasse als auch eine angemessene kindliche Entwicklung ermöglichen. Studien zum Energiebedarf bei Patienten mit KDS gibt es generell wenige, aber es gibt Berichte darüber, dass manche Kinder große Mengen an parenteraler und/oder enteraler Nahrung benötigen, um normale Wachstumsraten zu erreichen.4
Die systematische Erfassung der Größen- und Gewichtszunahme bei 51 KDS-DV Patienten in ihrem ersten Lebensjahr, die bei Einschluss in die Studie bereits mindestens 90 Tage abhängig von parenteraler Ernährung waren, erbrachte Interessantes: Im Vergleich zu einer normalen kindlichen Entwicklung zeigte die Abweichung der Größen- sowie der Gewichtszunahme bei Kindern mit KDS-DV einen parallelen U-förmigen Verlauf mit einem Tiefpunkt um den 6. Lebensmonat. D.h. die Größen- sowie Gewichtszunahme war innerhalb der ersten 6 Lebensmonate verlangsamt und beschleunigte sich in den darauffolgenden 6 Monaten wieder etwas. Dieses Muster scheine charakteristisch für diese Patientengruppe zu sein, denn ansonsten verlangsame sich unter Mangelernährung oder schwerer Malabsorption die Gewichtszunahme typischerweise ausgeprägter als das Längenwachstum, so die Autoren der Publikation zur Studie.4
Ein wichtiges Ergebnis sind dabei zwei Risikofaktoren für diese Entwicklungsverzögerung, die die Autoren der Studie identifiziert haben: Zum einen war eine NEK als Ursache für das KDS-DV mit einem erhöhten Risiko für sowohl verzögerte Größen- als auch Gewichtszunahme verbunden, zum anderen wurden zwei oder mehr Infektionen eines zentralen Blutgefäßes (eine Komplikation der PE) als Risikofaktor identifiziert. Bemerkenswert ist, dass beides entzündliche Ereignisse sind. Andere Faktoren, wie z.B. die Länge des verbliebenen Restdarms oder die Länge des Krankenhausaufenthaltes, standen statistisch in keinem Zusammenhang mit der beobachteten Entwicklungsverzögerung. Die Autoren der Studie postulierten daraufhin, dass erhöhte Spiegel von Entzündungsmediatoren in die Entwicklungssteuerung durch Wachstumshormone eingreifen könnten.4 Weil die PE – obwohl lebenserhaltend – auch das Risiko von Katheter-assoziierten Blutstrominfektionen mit sich bringt7, ist es für alle Patienten mit KDS-DV ein erstrebenswertes Ziel, sich vorwiegend enteral zu ernähren und mehr Unabhängigkeit von der PE zu erlangen.